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Das Lied in mir

Jessica Schwarz hatte ich ja nicht als soo wahnsinnig gute Schauspielerin in Erinnerung, aber in diesem fantastischen Film, spielt sie überragend.

Bei einem zufälligen Transitaufenthalt in Buenos Aires fällt der Leistungsschwimmerin Maria auf, dass sie ein spanisches Kinderlied kennt, obwohl sie kein Wort spanisch spricht. Nach und nach entspinnt sich ihre Geschichte rund um die Entführung ihrer Eltern von der argentinischen Militärdiktatur 1983.

Sie findet ihre Familie und die Darstellung der Unmündigkeit und Hilflosigkeit wird auch komplett ohne eine einzige Rückblende überdeutlich. Der Film geht definitiv unter die Haut und ist für mich ein Highlight des deutschen Kinos der letzten Jahre.

Meine Wertung: ★★★★★★★★☆☆ 

Nichts ist besser als gar nichts

Jan Peters hat eine Dokumentation gedreht über Frankfurt, nein eigentlich über Arbeit oder vielmehr über die Menschen, die keine Lohn-Arbeit haben, und trotzdem in Frankfurt leben. Der Gegensatz zwischen den schimmernden Wolkenkratzern und Peters, der ein Experiment wagt und sich selbst ohne Geld mehrere Tage und Wochen als Mikro-Entrepreneur und Überlebenskünstler durchzuschlagen versucht, lernt sozusagen die Stadt von unten kennen.

Dabei nimmt er Ratschläge von Beratern, Lehrern und eben jenen Überlebenskünstlern entgegen. Und er lernt, was Armut und Barmherzigkeit wirklich bedeuten, jenseits von Sozialromantik. Klar, alternative Arbeitskonzepte und auch das Bedingungslose Grundeinkommen kommen zur Sprache. Aber auch metaphorische Arbeitsentwürfe, wie der (Zweit-)Beruf eines Imkers. Bienen sind das drittwichtigste Kulturtier in Deutschland (neben Rind und Schwein), sie sind verantwortlich für den Fortbestand eines Großteils der Landwirtschaft. Die Aufmerksamkeit für den Beruf des Imkers ist jedoch wesentlich geringer.

Meine Wertung: ★★★★★★★☆☆☆ 

Kriegerin

Zufällig habe ich vor einem guten halben Jahr den Produzenten von einem Film kennengelernt, der diese Woche, am Donnerstag den 19.1. in die Kinos kommt. Leider muss man fast sagen, hat der Film eine traurige Aktualität, denn es geht um Neonazis. Das ist natürlich vor dem Hintergrund der NSU eine große Hausnummer, deren ein Film der eigentlich einen ganz anderen Fokus hatte, niemals Herr werden kann.

Eigentlich ist es ein kleines Drama, das hier in den Vordergrund gerückt wird. Es ist eine Milieustudie rund um die junge Neo-Nationalsozialistin Marisa (Alina Levshin – Im Angesicht des Verbrechens). Ich bin sehr gespannt, wie der Film sein wird – am Sonntag gibt es hier in Darmstadt ein Autorenkino-Vorstellung mit Regisseur David Wnendt und auch Alina Levshin wird glaube ich dabei sein und nach der Vorführung stehen die beiden noch Rede und Antwort.

Krabat

Für mich war KRabat vor drei JAhren eine der Überraschung des deutschen Films. Für mich ist Krabat ein grandioser Film. Mit einer niemals ins lächerliche oder unglaubwürdige abrutschenden düsteren Filmästhetik, lässt der Film eine lausitzische Mystik auferstehen, die ich so niemals in Deutschland erwartet hätte.

Dabei geht Regisseur Marco Kreuzpaintner niemals auf Schockeffekte ein, sondern behält immer das große Ganze, die Athmosphäre im Blick. Noch dazu ist das Who-is-who der deutschen Jungschauspieler engagiert worden: Daniel Brühl, David Kross, Robert Stadlober. Das sind genau die Filme, die für mich die gesteigerte Qualität des deutschen Kinos symbolisieren. Vor 8 Jahren wäre dieses Thema noch ins Märchenhafte verkitscht worden.

Meine Wertung: ★★★★★★★★☆☆ 

Offroad

Regisseur Elmar Fischer kenne ich noch von seinem aller ersten Film Fremder Freund, in dem er eindrucksvoll versucht nachzuvollziehen, wie das so gewesen wäre, wenn man mit einem der Attentäter des 11.09. damals an der Uni Hamburg-Harburg befreundet gewesen wäre. Mit ihm auf Partys gegangen und die gleichen Frauen geliebt hätte. Wirklich eine absolute Top-Empfehlung.

Nun, hat er also auch seinen ersten Kino-Erfolg. Und da der Film mit Nora Tschirner ist, war das ja irgendwie erwartbar, dass er sein Publik (respektive mich) findet. Die spießige Meike Pelzer (Nora Tschriner), Junior Chefin des Familienbetriebs für Rasenmäherfangsäcke, will mal etwas verrücktes machen und ersteigert einen großen Geländewagen bei einer Auktion vom Zoll. Dass da 50 Kilo Kokain drin lagern erfährt sie erst, als ihr einige Kleinganoven auf der Spur sind. Gottseidank findet sie in Salim (Elyas M’Barek) einen Vertrauten mit Potential auf mehr, mit dem sie nach Berlin reist und dort den Stoff verscherbeln will. Eine Mammut aufgabe für eine Frau in Blümchen-Bluse.

Das ist keine ganz große Kinokunst, aber meist witzig und unterhaltsam. Und von mir gibt es dafür gute 7 Sternchen.

Meine Wertung: ★★★★★★★☆☆☆ 

Soul Kitchen

Fatih Akin und Adam Bousdoukos haben da zusammen einen Arthouse Film zusammengestellt, der von Drehbuch und von der Mache in nichts den großen Arthouse Filmen aus anderen europäischen Staaten nachsteht. Es ist eine Multi-Kulti-Geschichte, in der ohne Klischees (und diesmal meine ich das auch so) die Geschichte vom etwas einfältigen Zinos erzählt wird, der in einer Hafenbaracke das Restaurant „Soul Kitchen“ betreibt.

Das ist dramatisch und manchmal witzig, herzzerreißend und halsbrecherisch. Besetzt mit zahlreichen türkischen und griechischen Schauspielern, sowie Größen des deutschen Films wie Peter Lohmeyer, Udo Kier und Wotan Wilke Möhring in Nebenrollen. Und ganz nebenbei hat man mal die halbe Crew vom Großstadtrevier inklusive Jan Fedder miteingebunden. Mal wieder ein echter Heimatfilm, da wo man ihn gar nicht erwartet – voller Soul.

Meine Wertung: ★★★★★★★★☆☆ 

Perfekte Mädchen

So, mit der Regisseurin war ich auf der Schule, deshalb ist das hier quasi eine Promo-Filmbesprechung. Die Dokumentation Perfekte Mädchen beschreibt auf intime und unprätentiöse Art und Weise die Welt jugendlicher Balletttänzerinnen.

Die Regisseurin Inga Bremer ist dabei einer 13-jährigen Schülerin eines Ballettinternats und einer 19-jährigen Absolventin einer Ballettschule ganz nahe. Sie verstehen sich als Teil einer Leistungsgesellschaft, als Gewinner, oder aber verzweifeln an einer Jobsuche, die brutal ist und keinen Platz lässt für zwischenmenschliche Beziehungen. Das ist größenteils traurig, ohne dass Inga Bremer auf die Tränendrüse drückt. Eine schöne Dokumentation, die im SWR lief und hoffentlich auch mal wieder wiederholt werden wird.

Meine Wertung: ★★★★★★★★☆☆ 

Sonnenallee

Ein echter Klassiker des deutschen Kinos kommt auf die Online-Plattform Youtube. Delphi Film bringt den Film bis zum 31.12.2011 in voller Länge (mit Werbeunterbrechungen) auf die digitale Heimleinwand.

Dass Leander Haußmann einer meiner Lieblingsregisseure aus Deutschland ist, muss ich niemanden mehr erzählen. Ich empfehle immer die TV-Verfilmung von Kabale und Liebe – großartig. Aber auch Sonnenallee ist ein großartiges Monument des deutschen Pop-Kinos. Und ja er ist verharmlosend (auch im Vergleich zum Buch, das später erschienen ist), er enhält sogar Surreales, wie Thomas Brussig dies auch immer wieder als Element seiner Storys verwendet. Aber mit den Menschen Ostdeutschlands geht der Film – wie ich finde – sehr würdevoll um. Er zeichnet ein menschliches Bild, ja es hat dort auch Menschen gegeben, mit Gefühlen, die denen in Westdeutschland gar nicht so unähnlich gewesen sein sollen, nicht nur Opfer und Täter einer Diktatur.

Also anschauen. Ein Stück filmische Zeitgeschichte.

Meine Wertung: ★★★★★★★★★☆ 

What a man

Matthias Schweighöre ist ja ein schauspielerisches Ziehkind von Till Schweiger und der hat ja zuletzt als Autor (mit Co-Autor) und Regisseur (mit Co-Regisseur) so ziemlich alles an seinen Filmen selbst gemacht. Ja, und Matthias wollte da wohl nicht hinten anstehen. Auch er hat bei seinem neuen Film What a Man gleich mal Regie geführt (mit einem Co-Regisseur).

Gut, jetzt sind die Schweiger/Schweighöfer-Filme nicht unbedingt ein Hort von Kreativität und eher Unterhaltungskino, von daher muss man auch Abstrich an die eigene Erwartungshaltung machen. Und dann muss man sagen, geht die romantische Kindergarten-Freundschaft wird zur Liebe-Story gerademal noch so durch. Das Highlight ist eher wie sympathisch und erholsam Klischeefrei die Stadt Frankfurt als Kulisse inszeniert wird. Und auch Multikulturalität ist in dem Film zwar da, aber nie Thema. Diese Unaufgeregtheit fand ich doch sehr bemerkenswert, täuscht aber nicht so wirklich über die Schwächen in der Handlung hinweg.

Meine Wertung: ★★★★★☆☆☆☆☆ 

Kokowääh

Der gute Til Schweiger macht ja die zweit-erfolgreichsten Filme in Deutschland (nach Bully Herbig, den er in diesem Film auch erwähnt). Seit einigen Filmen nimmt der von der deutschen Kulturpresse so gescholtene Schweiger das Heft komplett in die Hand und führt auch Regie (mit einem recht mächtigen Co-Regisseur). Die Filme wirken immer nach Schema-F, das grundsätzlich nicht so komplett verkehrt ist.

Ok, hier werden männliche Rollenbilder als Ausgangsbasis genommen, die außerhalb der Starlet-Welt Til Schweigers gar nicht existieren und allein das macht die jeweilige Wandlung des männlichen Hauptcharakters – auch in Kokowääh – vom chauvinistischen Saulus in den Familien-Paulus etwas irrelevant. Aber sei’s drum – Kokowääh ist viel jugendfreier als Keinohrhasen und Zweiohrküken, bei denen es trotz Altersfreigabe der FSK ab 6 Jahren, die meiste Zeit ums Ficken ging. Tils Tochter Emma Schweiger, die diesmal eine Hauptrolle hat, ist zwar immernoch keine tolle Kinder-Schauspielerin, aber sie ist niedlich und wird von mal zu mal besser.

Insgesamt kann man sich den Film mit einer recht unglaubwürdigen Story um ein Kuckuckskind und einen widerspenstig-befangenen unbekannterweise leiblichen Vater durchaus gut anschauen. Bis auf die letzten 3-5 Minuten in denen es mir dann doch zuviel Gutmenschentum regnete.

Meine Wertung: ★★★★★★☆☆☆☆